Die Stimme in dem, der träumt  _Interaktives Video-Klang-Projekt, 2004

 

In Ihrer neuen Arbeit "Die Stimme in dem, der träumt" geht Hee Seon Kim der emotionalen Nachtarbeit von Träumen nach. Das Ausgangsmaterial bilden ihr zugetragene schriftliche Fassungen, welche Kim als visuelle Form in Angriff nimmt. Das ist nicht nur wegen der Fragilität der so transportierten und hoch aufgeladenen Bilder ein Wagnis. Schließlich gibt es eine kulturübergreifende Tradition der Traumdeutung, in der den nächtlichen emotionalen Geheimnissen rational Verwertbares abgewonnen werden sollte. Auch die Darstellung von Träumen in der Filmgeschichte kennt bereits eine lange Reihe oft weniger geglückter Transfers von solchen Bildketten in die erzählende Regie eines Films. Die von Salvator Dali für Alfred Hitchcock entworfenen Traumsequenzen können hier als bezeichnendes Beispiel für einen weiteren Konflikt stehen: eine an Sigmund Freud geschulte Kreativität wird Träumen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine funktionale oder gar pathologische Struktur zuweisen und dem nächtlichen Geschehen eben keine selbständige Struktur zugestehen. So wird vermeintlich Unvollständiges und Unstrukturiertes über das Mittel der Analyse zu einem Bestandteil der - vorab so festgelegten - bewußten Struktur gemacht. Dahinter verbirgt sich ein ähnlich uralter Wunsch zur Funktionalisierung dieser ebenso individuellen wie unerklärlichen Phänomene: wenn die Psyche nachts ihre Sortierung verrichtet (die Freud in der Analyse dann "Traumarbeit" nennt), ist das geheimnisvolle Geschehen wieder normal, ebenso wie eine Karten-Patience oder die regelmäßige Defragmentierung der Festplatte. --->